eine hochtourenwoche im berner oberland mitte juni ist in jedem jahr noch recht früh.
normalerweise herrschen dort bis mindestens mitte juni noch recht gute skibedingungen. speziell dieses jahr. der verregnete frühling hat die hochtourenmöglichkeiten doch ein wenig eingeschränkt.
hugo und bram, zwei holländer, beide recht hochtouren- und auch 4000er erfahren möchten gerne ....
.... vom 19. bis 24. juni eine berner oberland durchquerung machen. am telefon besprechen wirdie möglichkeiten, wägen vor- und nachteile der verschiedenen gebiete ab, und verbleiben beim berner oberland, ohne schneeschuhe wird halt nix gehen. mit ski ist für die beiden keine option. wenn ichehrlich bin, graust es mir ein wenig bei der vorstellung mit schneeschuhen diese elendigen weiten abzustapfen. die beiden versprechen mir allerdings dass sie schmerzfrei sind, und so stelle ich untervorbehalt eine recht anspruchsvolle runde zusammen. als es zeit wird den wetterbericht und die Verhältnisse zu checken, besteht am anfang noch ein wenig hoffnung, dass es schon noch wird. aber diewoche und die tage vor tourbeginn verschlechtern die situation. schnee, wind, graupel in dieser, und jeder beliebigen reihenfolge lassen mich immer skeptischer werden. ein anruf auf der hütte, dieherausgabe eine lawinenlageberichtes des slf und die wetterprognose für die ersten zwei tage bescheren mir zu hause einige stunden vor dem laptop.
am tag vor dem treffpunkt in grindelwald entscheide ich, dass es keinen sinn hat.
und es hat wirklich keinen sinn, damit hat meine abneigung gegen schneeschuhe nichts zu tun. es hat die letzten tage gute 50cm unter windeinfluss geschneit, für unseren ersten tag meldet er nochmal gut 50.
so. wohin?
sie reisen von zürich an, waren schon in vielen gebieten der alpen, würden gern was neues kennenlernen.
wir fahren nach saas fee, ich reserviere ein günstiges hotel für die ersten beiden nächte. das wetter sollte dort ein wenig besser sein und es hat deutlich weniger neuschnee gegeben.
am sonntag, unserem ersten tourentag hat der wetterbericht noch recht wechselhaftes wetter mit etwas niederschlag am programm. wir wollen aufs allalinhorn zum akklimatisieren. ein altherrenviertausender, der mit nur 600hm von mittelallalin aus zu haben ist.
es regnet während der nacht, am morgen hängen die wolken tief im tal.
trotz, dass die letzen tage niemand oben war und den bescheidenen sichtverhältnissen fahren wir hoch. ich bin mir sicher, dass der nebel bald aufreisst.
wir sind die einzigen in der bahn. bedenken? nicht wirklich.
hugo checkt die webcam, und tatsächlich, oben ists blau. ich denk mir, ich habs ja gewusst.
als wir aber oben aus dem fenster schauen, ist alles schon wieder zu.
wir richten uns her, hüpfen in unsere schneeschuhe :-), lvs an und folgen der pistenbullispur durch den nebel bis zu den schleppliften und deren ende. anseilen, ein blick aufs gps und los gehts. wird schon bald aufreissen.
ich stosse im nebel auf eine ältere spur und folge dieser. bis ich nach ca. 10 min ein wenig skeptisch werde. mein gefühl sagt mir die spur zieht zu weit nach westen. sehen tu ich ja nix. das gps bestätigt meine vermutung. also selber spuren und den weg durch die imposanten spaltenzonen suchen. kurz vor dem feejoch reisst es mal tatsächlich kurz auf und ich kann mir kurz einen überblick verschaffen. ohne gps wäre ich aber chancenlos gewesen. am sattel machen wir eine pause und hoffen das es ein wenig aufklart. nix da. so suche ich im nebel die letzten 200hm zum gipfelgrat rauf. die gipfelrast fällt, obwohl es kurz aufreisst nur knapp aus, das panorama lässt zu wünschen übrig und hugo spürt die höhe. am weg nach unten kommt mir ein bgf mit drei leuten entgegen, der sich für die spur bedankt. mittlerweile hat der schneefall und der wind zugenommen, durch das whiteout habe ich schwierigkeiten unsere spur auch nur zu erahnen. nach der umgehung eines seracs ist sie dann auch komplett weg. zu den miserablen verhältnissen kommt nun noch ein kleinräumiges triebschneeproblem dazu. ich verfluche mich ein wenig, dass ich im aufstieg keinen track aufgezeichnet habe. mach ich eigentlich fast nie.
so beginnt das spiel von neuem. kurz nachdem ich meine zwei mitstreiter vor einem ev. spaltensturz meinerseits gewarnt habe, stehe ich in der vermeintlichen spalte. es ist ein pistenbullispur :-). soviel zur sicht.
ich folge der spur, muss sogar hier noch zweimal aufs gps schauen, da sich der präparierte rückweg noch deutlich länger anfüllt als heute morgen. und so laufen wir bis auf 5m an die station, bevor wir sie als solche idendifizieren können.
komischerweise ist hier auch nix los ;-).
heute hat der vermeintlich leichteste viertausender nach dem breithorn seine zähne gezeigt, und mich und auch meine gäste durchaus gefordert.
allein am allalin, auch selten.
montag,20.juni
der plan für heute lautet unter vorbehalt weissmies. vorbehalt deshalb, weil ich bedenken wegen den verhältnissen habe.
die nw-flanke von hohsaas ist steil, spaltig und eisschlaggefährdet.
ich will mir auch erst ein bild von der lawinensituation machen. spur erwarte ich keine.
die schneeschuhe sind aufgrund der steilheit und der querungen an diesem berg nur bedingt hilfreich. wenn, dann nur beim zustieg über den flachen gletscher. auch wirken hugo und bram ein wenig müde von gestern.
um 8.00h fahren wir mit der ersten bahn hoch, wir haben auch unser übernachtungszeug dabei, ich will flexibel sein.
oben angekommen bestätigen sich leider meine bedenken.
steil, eingeblasen und ohne spur. für mich ist eigentlich auf den ersten blick klar, dass der schnee mindestens noch ein, zwei tage braucht, bis er sich gesetzt hat.
alle anwesenden weissmiesaspiranten warten was wir tun.
ja, was?
wir sind für andere berge schon recht spät dran, ich sehe aber dass das lagginhorn bereits eine spur von gestern oder vorgestern drin hat.
der westgrat hat noch viel schnee. wir können es versuchen, sollten mir die bedingungen nicht mehr passen, würden wir umdrehen.
bei der querung bis zu einem mit einem drahtseil entschärften felsriegel tun uns die schneeschuhe wertvolle dienste. am gletscherrest vor dem einstieg zum grat machen wir ein depot mit überschüssigem material. hugos rucksack ist viel zu schwer, ich zwinge ihn die unnötigen sachen hier zu lassen. der weitere aufstieg zum gratbeginn geht reibungslos vonstatten, die schneedecke hält. bergab schaut die sache dann sicher anders aus, mir graut schon.
am grat selber, der mehr ein steiler rücken ist, ist die vorhandene spur gut, wir haben so gut wie null felskontakt. normalerweise ist der berg ein schutthaufen mit ein paar felsplatten drin. ca. 400hm unter dem gipfel ist ende mit der guten spur, es gibt nur noch eine zugeblasene abstiegsspur die für uns viel zu steil ist.
also selber spuren, mühsam. hugo hat schwer zu kämpfen. kurz vor dem gipfel will er aufgeben, aber die letzten 50hm beisst er noch durch.
am gipfel merkt man beim blick nach süden wie hoch man ist. wir können bis zum lago maggiore sehen, dazwischen ist so gut wie nichts.
ich dränge zum aufbruch, der weg zu den weissmieshütten ist noch lang.
der abstieg zurück bis zum depot entwickelt sich zu einem geduldsspiel, hugo ist am sand und fast bei jedem zweiten schritt müssen wir die steigeisen entstollen.
die letzten 200hm zum materialdepot brechen wir abwechselnd bis zu oberschenkel und hüfte ein,
mit den schneeschuhen geht's dann ein wenig besser.
über die ufermoräne kann ich mich die letzten 350hm zur hütte schneefrei runterschwindeln.
die jungs sind ziemlich fertig als wir gegen 17.00h an den weissmieshütten ankommen.
nur ein müder holländer ist ein guter holländer 😉
die anerkennenden blicke der anderen hüttengäste lassen die müden beine ein wenig vergessen.
das fletschhorn habe ich aufgrund des harten tages und der schlechten wettervorhersage für morgen gestrichen.
der nächste morgen bringt nasses, wechselhaftes wetter. weil aber der wetterbericht für übermorgen gut ist, beschliesse ich den weissmies von süden her zu versuchen. so fahren wir nach saas allmagell, und steigen in gut 3.5h zur allmageller hütte auf knapp 2900m auf. bei der bergstation des furgstaldenliftes habe ich ein nettes gespräch mit einem 90zig jährigem bergfüher, der auf der bank vor seinem hause sitzt. er gibt mir drei wichtige dinge mit auf den weg, dann werde ich trotz meines berufes so alt wie er:
risiken abwägen, gefahren erkennen und sich selber einschätzen können.
während des aufstieges zur hütte, gehen mir seine worte immer wieder durch den kopf. recht hat er.
gegen 15.00h erreichen wir die hütte und ich stelle erleichtert fest, dass der grat schon gespurt wurde.
wenn es in der nacht aufklart, sollte es morgen keine wühlerei mehr geben. um zehn als ich mich ins bett begebe, ist der himmel aber immer noch zu. wird schon werden hoffe ich. beim frühstück um vier ist es sternenklar, ich hoffe die abstrahlung hat gereicht. wir nehmen all unsere sachen mit, ich möchte oben entscheiden, ob wir eine überschreitung zur hohsaashütte machen. mit mir sind noch drei andere bergführer und eine dreiergruppe mit dem gleichen ziel auf der hütte, wobei die bergführer eher zum abstieg hier zurück tendieren. als erste seilschaft gehen wir los, hier unten trägt die schneedecke leider noch nicht. also, bis zum zwischenbergpass rein in die tiefen spuren vom vortag. ab dem pass halte ich mich recht des eigentlichen grates in einem schneefeld, der untergrund trägt hier, und so kommen wir recht schnell zum felsteil, der dieses jahreszeit aber überwiegend aus schnee besteht. ein französischer bergfüher hatt uns mittlerweile überholt und so haben wir eine gute spur auf den vorgipfel und dem anschliessenden, schönen firngrat zum hauptgipfel.
in meinem kopf habe ich bergauf schon beschlossen den abstieg nach norden runter zu wagen, auch sollte es keine spur geben. ich habe die flanke von der anderen seite studiert und bin mir sicher, auch ohne vorhandene spur einen sicheren weg durch das von oben schwer einsehbare spaltengewirr zu finden. der franzose steigt nun auch über die nordseite ab, und da er schneller als wir ist, habe wir nun auch eine spur. das hat den vorteil, dass ich im steilen gelände nicht vorausgehen muss und im falle eines spaltensturzes darauf angewiesen bin, dass meine jungs mich halten.
der abstieg führt durch eine beeindruckende, wilde eislandschaft die aber durchaus zur eile zwingt. man bewegt sich doch einige zeit in eisschlaggefährdedem gelände.
gegen 11.30 erreichen wir den gletscherrand und mit einem 10 minütigen aufstieg über die skipiste kommen wir zum bergrestaurant hohsaas und der bergstation der gondelbahn.
wir machen zufrieden mittag, und blicken doch ein wenig stolz auf unsere spuren zurück.
die überschreitung des weissmies zu dieser jahreszeit, ohne ausgetretene autobahn, ist eine sehr eindrückliche tour.
nach der talfahrt mit der gondelbahn, haben wir das erste mal diese woche zeit, um den nachmittag mit ausruhen zu verbringen.
morgen wird noch mal ein langer tag.
an unserem letzten tourentag möchten wir gerne den alphubel besteigen. das problem dabei ist, dass zu dieser jahreszeit die bahn nach mittelallalin erst spät fährt, und es bei diesen bedingungen knapp werden wird die letzte talfahrt zu erwischen. besonders da die längenflue geschlossen ist.
meine idee, den abstieg zur täschhütte zu machen, behalten wir als option im hinterkopf. auch nehmen wir die schneeschuhe mit.
bereits an der bushaltestelle, am weg durch saas fee, und natürlich auch an der talstation zeigt sich ein ganz anderes bild als bei unserem aufstieg am sonntag zum allalinhorn. jede menge bergführer und bergsteiger wollen die erste bahn erwischen.
allalin live.
skeptisch werden wir ob der bereits ausgetretenen spur aufs allalin wegen unseren schneeschuhen beäugt.
von mittelallalin starten wir als erste seilschaft in der mittlerweile guten spur richtung feejoch.
diesen teil des aufstiegs haben wir ja bereits am sonntag gemacht, dieses mal sehen wir halt auch etwas von der gletscherlandschaft.
am joch zweigen wir richtung feekopf ab, der grat ist wegen des vielen schnees ausgesprochen scharf. es folgt ein sehr abwechlungsreicher und interessanter anstieg über den noch jungfräulichen grat zum feekopf. teilweise ist der grat so schmal, dass nicht mal beide füsse nebeneinander platz haben. einige grataufschwünge müssen im steilen gelände umgangen werden. die zwei holländer sind beeindruckt und durchaus gefordert. sie sagen, so exponiert waren sie noch nie unterwegs. am feekopf angekommen machen wir eine ausgiebige pause und geniessen das panorama bei strahlendem sonnenschein. mit schneeschuhen wandern wir zum alphubeljoch , wo wir beschliessen auf den alphubel zu verzichten.
es wäre sehr mühsam gewesen, die eismase durch den bereits von der sonne aufgeweichten schnee zu spuren.
es ist auch ohne 4000er bereits ein super tag, und wir haben noch einige höhenmeter bis zur täschalp vor uns.
mit den schneeschuhen geht der abstieg recht flott dahin, unten am gletscher wird's trotzdem tief.
besonders für hugo und bram ist der abstieg ins mattertal ein durchgehendes staunen. die komplette gipfelprominenz von zermatt liegt direkt vor uns.
an der noch geschlossenen täschhütte vorbei steigen wir bis auf 2200 zur täschalp ab. ein wahnsinnsplatz mit dem weisshorn als blickfang.
ein taxi bringt uns die restlichen 900hm nach täsch, von dort beginnt eine kleine odysse mit bahn und bus zurück nach saas grund.
in unserem hotel trinken wir noch ein bier zusammen, und freuen uns über die doch gelungene hochtourenwoche.
ich denke, wir haben das beste aus den verzwickten verhältnissen gemacht.
die zwei jungs fahren heute noch nach zürich, wo bram wohnt.
ich bleibe noch eine nacht, und fahre morgen weiter nach zermatt, wo clemens auf mich wartet. er hat sich während seiner hochzeitsreise! zwei tage zeit genommen um mit mir was cooles anzugehen.
lg
paul